3. Kapitel 

Commander Flartok war wütend. Was bildeten sich diese Sesselhocker des Obersten Galaktischen Rates eigentlich ein? Ihm Befehle erteilen zu wollen, Ihm, Flartok. Wutschnaubend fuhr er zu seinem Ersten Offizier herum.
„Bericht“
Wundor zuckte zusammen. Wenn der Commander eine solche Laune an den Tag legte, war es besser, schnell zu antworten.
„Wir nähern uns der Verbotenen Zone, Sir. ... Äh ... Soll ich die Maschinen stoppen lassen?“
Flartok, mit seinen 2,10 Meter ein Garrianer, wie er im Buche stand, starrte auf seinen Stellvertreter, der sich unter dem Blick sichtlich unwohl fühlte.
„Wir fliegen weiter“, presste er zwischen seinen blauen Lippen hervor.
„Aber unsere Befeh...“
„Hier befehle immer noch ich, Wundor. Wenn Ihnen das nicht passt, ist es Ihnen jederzeit frei gestellt, die Brücke zu verlassen“, fiel der Kommandant seinem Gegenüber wütend ins Wort.
Abrupt drehte er sich wieder um und starrte verbissen durch das Sichtfenster des Raumgleiters in die tiefe Dunkelheit des Alls. Seit Tagen durchstreiften sie nun schon diesen Quadranten auf der Suche nach den Rebellen. Doch es war wie verhext, die Martok schienen sich in Luft aufgelöst zu haben. Doch vor einigen Stunden war es Elmir, dem Navigationsoffizier endlich gelungen, eine schwache Energiespur zu orten. Sie führte direkt in die verbotene Zone. Flartok wies den Funkoffizier an, sich weitere Order vom Rat zu holen. Und die kam prompt. Ihm wurde die sofortige Umkehr befohlen. Zum ersten Mal in seiner Laufbahn widersetzte sich der Commander nun seinen direkten Befehlen. Er würde die Rebellen verfolgen, diese Verbrecher, die soviel Leid über sein Volk und andere gebracht hatten.
Ein starkes Zittern durchlief das Raumschiff.
„Was zur Hölle war das?“ Flartok wurde aus seinen Gedanken gerissen.
„Sir, wir haben soeben die Grenze zur Zone durchflogen und sind starken magnetischen Kräften ausgesetzt.“
Elmirs Stimme zitterte. Genau wie die anderen Crewmitglieder war ihm die Angst deutlich ins Gesicht geschrieben
„Maximale Energie auf die Schutzschilde und durch, mein Freund.“
Flartok musste innerlich grinsen. Ein unkonventioneller Befehl, dachte er. Und obwohl er die ablehnende Haltung seiner Mannschaft ob seiner Entscheidung spürte, wusste er doch, das er sich auf seine Mannschaft verlassen konnte.
Seine Gedanken schweiften wieder ab. Die verbotene Zone galt seit 400 Jahren als Niemandsland. Zu dieser Zeit hatte ein unvorstellbar grausamer Krieg zwischen den Garrianern und dem Volk der Vertanier geherrscht, der beide Völker nahezu vernichtet und viele Planeten in diesem Quadranten zerstört hatte. Nur unter den größten Mühen und Opfern war es seinem Volk gelungen, ihre Zivilisation aufrecht zu erhalten. Die Vertianer jedoch waren seitdem verschwunden. Seit dieser dunklen Vergangenheit zogen raumschiffgroße Gesteinsbrocken  einen dichten Ring durch das Gebiet der Verbotenen Zone. Nachdem in den Jahren nach der großen Auseinandersetzung immer wieder Schiffe zerstört wurden, beschloss der Galaktische Rat unter Androhung drastischer Strafen, zukünftige Flüge in diesem Gebiet zu untersagen. Nur ein Narr würde es trotzdem wagen.
„Asteroidenschwarm voraus, Sir“
„Ausweichmanöver“, Der Commander wandte seine volle Aufmerksamkeit nun wieder den Geschehnissen um ihn herum zu. Der Schirm zeigte im Vordergrund eines grauen Planeten ein riesiges Feld von Gesteinsbrocken, die scheinbar schwerelos im All schwebten. Und doch näherten sie sich mit nahezu atemberaubender Geschwindigkeit dem Raumschiff der Garrianer.
„Können wir das Feld umfliegen, Emir?“
„Bedaure Sir. Der Asteroidengürtel hat eine zu große Ausdehnung. Die Zeit reicht nicht aus. Erster Aufprall in zehn Tursors ( 1 Tursor = 1 Minute) ... Wir müssen umkehren, Commander!“
„Kommt überhaupt nicht in Frage. Wir sind so dicht davor, die Rebellen zu stellen. Ich gehe jede Wette ein, das sich dort auf dem Planeten das Hauptquartier der Rebellen verbirgt. Und wenn diese Bande da durch kommt, schaffen wir es auch“. Flartok war unbeirrbar. Nichts und niemand würde ihm diesen Triumph nehmen, koste es, was es wolle.
„Phaser bereitmachen und auf mein Kommando feuern. Wenn wir es schon nicht umfliegen können, schiessen wir uns durch“.
Entsetzt blickte Wundor seinen Vorgesetzten an. Noch nie hatte er ihn so aufgeregt und unnachgiebig gesehen. Bislang hatte der Erste Offizier geschwiegen, doch jetzt hielt es ihn nicht mehr auf seinem Platz.
„Commander, das dürfen Sie nicht. Wir müssen sofort umkeh....“
Mit einer abweisenden Geste brachte Flartok ihn zum Schweigen.
„Feuer“, mit fester Stimme gab er den Befehl. Aus den Waffen-Phalanxen des Raumschiffes löste sich ein Leser-Torpedo und zog seine zerstörerische Bahn in Richtung Gesteinsbrocken. Nur wenige Augenblicke später schlug er ein. Der Kommandant beobachtete auf dem Schirm,, wie der Asteroid durch die Wucht der Explosion augenblicklich auseinanderbrach.
„Wie sieht es aus, Navigationsoffizier? Haben wir das Ding zerstört?“
Bevor er eine Antwort erhielt, ertönte ein lauter Schlag. Wie erstarrt blickte die Brückencrew auf den Bildschirm, der in diesem Moment erlosch. Bevor sie noch reagieren konnten, neigte sich das Schiff mit einem gewaltigen Ruck nach rechts. Gegenstände flogen durch die Luft, während die Besatzung krampfhaft versuchte, sich festzuhalten. Über allem lag der durchdringende Ton der Warnsirenen. Wieder und wieder erzitterte das Schiff. Endlich kam der Raumer wieder in die Waagerechte.
„Wir wurden getroffen, Sir.“
Schweratmend kniete Elmir vor seinem Platz und bediente hektisch die Konsolen.
„Schwere Schäden an der Außenhülle. Alle Systeme sind offline. Nur der Antriebscomputer scheint noch zu arbeiten. Zusammenbruch der Lebenserhaltungs-Systeme laut Computer in 5 Tursors ... Das Schiff wird zerstört, Commander“
Betroffen blickte Flartok seine Mannschaft an. Wundor lag mit einem seltsam verrenkten Kopf auf dem Boden, drei andere Besatzungsmitglieder erhoben sich gerade mit blutigen Wunden. Die ganze Brücke sah aus wie nach einer verheerenden Schlacht. Rauch stieg aus den Konsolen auf und das fortwährende Heulen des Alarms drang den Überlebenden durch Mark und Bein.
„Alle Mann sofort in die Rettungskapseln“, Flartok wunderte sich selbst über die Ruhe in seiner Stimme, „Emir, Sie überwachen die Rettungsaktion. Ich werde auf der Brücke bleiben und versuchen, unser Schiff auf dem Planeten vor uns notzulanden.“
Der Offizier trat einen Schritt vor, schien es sich aber dann anders zu überlegen und führte die restlichen Mitglieder zum Kabinenschacht. Kurz bevor er einstieg, wandte er sich noch einmal zu seinem Commander um.
„Viel Glück, Sir ... Wir werden zurückkommen und Sie holen“.
Beide wussten in diesem Moment, das sie sich nie wieder sehen würden.
Ohne eine Antwort abzuwarten drehte er sich um und verließ die Brücke. Wenig später sah Flartok aus einem Seitenfenster, wie sich drei der fünf Rettungskapseln vom Raumschiff lösten und den Rand der verbotenen Zone anflogen.
„Lebt wohl, Kameraden .. und viel Glück.“ Er spürte, wie Tränen in ihm aufstiegen und kämpfte wütend dagegen an. Er musste versuchen, das Schiff irgendwie dort unten auf dem Planeten zu landen. Er hatte nur eine kleine Chance, doch die wollte er nutzen.
„Computer, Umschalten auf manuellen Flug“ ... und bitte eine halbwegs heile Landung, fügte er in Gedanken hinzu. Ihm blieben noch knapp zwei Tursors, um zu seinem Ziel zu gelangen, vorausgesetzt, er kam durch das immer noch dichte Gesteinsfeld hindurch. Und die Zeit dafür war ziemlich knapp.
„Jetzt zeig ich Euch mal, wie ein Flartok fliegt“, mit zusammengebissenen Zähnen griff er nach den Steuerelementen und gab vollen Schub. Das Schiff zitterte und heulte auf, dennoch bewegte es sich nur zögerlich in die gewünschte Richtung. Mehr Schub, ich brauch mehr Schub.
„Computer, alle Energiereserven in den Antrieb umleiten. Lebenserhaltungssysteme abschalten“
Nur so konnte er die kleine Chance nutzen. Ihm blieb für etwa 1 Tursor Sauerstoff übrig. An das, was danach kam, wollte er lieber nicht denken.
„Eintritt in die Athmosphäre in 35 Tares“
Kalt und unpersönlich drang die Computerstimme zu ihm durch.
Flartok wurde in seinen Sitz gepresst, ungeahnte Kräfte drangen auf ihn ein.
Schon merkte er, das ihm die Luft ausging. Schwarze Flecken tanzten vor seinen Augen. Die Landesequenz, dachte er, ich muss die Landesequenz einleiten, auch wenn es dafür noch zu früh ist.
Mit diesem letzten Gedanken versank die Welt um ihn herum in Dunkelheit. Das letzte, was er noch hört, war das Aufheulen der Turbinen.

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