Splitter im Herz - 2. Teil

Die Imbissbude war nicht weit vom Krankenhaus entfernt. Ein paar ältere Gestalten in Arbeitsklamotten nippten an ihren Pilstulpen. Der Besitzer hatte ein einfaches Stahlgerüst mit Plexiglas ummantelt um einen Schutz gegen Wind und Wetter zu haben. Fünf Bierzeltgarnituren schmückten den so entstandenen “Schankraum”. Rainer und Huanna stopften sich mit Pommes und Currywurst voll. Sie hatten die ganze Nacht an Nestors Bett verbracht. Es war jetzt 10 Uhr und Huanna war nach dem Essen hundemüde.
Rainer starrte auf das Abfallchaos auf dem Tisch vor sich. Huanna hatte ihm den Vorfall mit Nestor im Wald geschildert. Immer wieder musste er darüber nachdenken und schluckte hart.
“Ich kann das nicht glauben! Was du mir hier auftischen willst ist absoluter Kack! Habt ihr wieder Pilze eingefahren? Wie stellst du dir das vor?”
“Ich stelle mir nichts vor, verdammt!” jammerte Huanna, “ und ich esse keine Pilze!”
“Ihr seid also in das Tannenwäldchen gegangen um nachzuschauen was dort summt?” Waan lachte bitter. “Na klasse! Und im Wald kniete eine Menschengroße Ratte in einer Lache aus Blut und erteilte euch ein Konformantenstündchen...”
Bei dem Gedanken daran, was die sterbende Ratte angeblich gesagt haben sollte musste er erneut hart schlucken.
Laut Huanna hatte die Kreatur bereits damit begonnen sich selber die Brust aufzugraben. Blut strömte aus dem zerschlissenen Körper. Unter den sichtbar gewordenen Rippenknochen begann es seltsam zu glimmen und ein tiefer Seufzer war dem leidenden Wesen entronnen.
“Ent...hrrch.. Entschuldigt, dass Na’mo euch belästigen..hrrch...muss. Wo bin ich? Welches Jahr? Aahhhrrrg...schnell, ich werde gleich sterben.”
Nestor war als erster zu sich gekommen und ein schauriger Schrei des Entsetzens löste sich aus seinem Innersten. Mit weit aufgerissenen Augen starrte er schreiend auf die blutende Ratte. Als ihm die Luft ausging und sein Verstand schon zum nächsten Aussetzer ansetzte, kam im die Ratte zuvor und flehte den jungen Man an : “In meinem Herz werdet ihr einen Kristall finden. Auf ihn kommt es bei der ganzen Sache an! Ich habe das Einzig mir noch mögliche getan um Königin Jassniza vielleicht noch helfen zu können.” Na’mo verzog sein Maul und stöhnte. “Nehmt den Kristall und alles weitere wird sich von allein ergeben...Also Junger Freund, wo bin ich und welches Jahr haben wir?”
Huanna war von hinten herangetreten. “Du bist in Hessen und wir schreiben das Jahr 1999!”
Die Ratte erstarrte. Sie sah auf ihre Blutverschmierten Klauen und atmete flach. Dann begann der Nager in sich hineinzulachen, stoppte wieder und sah Nestor und Huanna traurig an. “Ihr seid nicht Setug und raf’h nehme ich an?”
“Nein”
Wieder begann Na’mo zu lachen. Oder weinte er? “Jassniza, ich habe versagt! Nicht nur das, nein, auch du wirst jetzt versagen müssen. Diese Schwachsinnigen Kreaturen hier werden umsonst in einen Strudel der Gewalt gerissen und wie ich sterben...” Er begann in einer anderen Sprache zu singen.
“Was zum....” Nestor sah das Blaue Licht, dass sich im inneren des Rattenkörpers ausbreitete zuerst .Es breitete sich immer mehr aus und summte statisch. Feine Blitze durchzogen die Kugelförmige Aura vom Zentrum aus. Schnell hatte sich das Licht so weit ausgebreitet, dass es auch Huanna und Nestor umhüllte.
Huanna fiel plötzlich nach hinten um und verdrehte die Augen. Sie räkelte sich sinnlich und strich mit ihren Handflächen über ihre Innenschenkel und die ansehnlichen Brüste.
Nestor versank in tiefe Ohnmacht.
Huanna hatte Rainer alles genau geschildert. Während ihres seltsamen Rauschzustandes war sie in eine Religiöse Extase verfallen und ihr Bewusstsein war über ihren Alltagsverstand hinausgetreten. Eine Leichtigkeit die das Zwerchfell kitzelte durchflutete ihre Seele .In den Gesang der Ratte einstimmend, empfing sie unaussprechliche Wahrheiten über Zeit und Ewigkeit. Ein Komet zog maiestädtisch seine Bahn und enthielt........das Bild verschwand. Schlagartig war Huanna wieder in einem normalen(?) Zustand.
Na’mo, die Ratte hatte gerade ihr Leben ausgehaucht und sackte zusammen, fiel seitlich um und klatschte in die Blutlache. Aus der offenen Wunde glomm ein Grünes Schimmern.
“Der Kristall!”, durchzuckte es Huanna.
Irgendetwas drängte sie dazu, den Stein schnell an sich zu nehmen. Ein paar feste Tritte mit den Stiefeln und die Rippen brachen mit einem nassen Geräusch. Ohne hinzusehen hatte Huanna den Kristall aus der Brust der Leiche gepopelt. Das Fundstück landete in ihrer Handtasche.
“Der Kristall!”, durchzuckte es Rainer. “wenn das alles wahr ist dann zeig mir den verschissenen Kristall!”
Krachend knallte Huanna den Stein vor ihm auf die Bierzeltgarnitur. Blutverschmiert lag er da und flimmerte leicht .Als Waan Huanna ansah, blitzte es auch in ihren Augen.
“Was sachste jetzt, Klugscheißer!” Sie spitze die Lippen und schnupperte wie eine Maus am Käse. “Schätze, mit dir hab ich noch so ein Unwissendes Geschöpf wie deinen Sohn am Hals!”
Rainer Waan erstarrte.
Huannas Augen waren schwarz, wie die einer Ratte.........

Unsere 9 Protagonisten lagen wie Indianer auf dem Dünenkamm und spähten vorsichtig über den Rand hinüber zum Strand. Die Späher hatten diesen Ort letzte Nacht entdeckt und die Gruppe hatte beschlossen erst an diesem Abend, nach Einbruch der Dunkelheit, die Angelegenheit zu untersuchen. Der Mond stand dem Horizont noch nah, spendete aber ausreichend Licht. Ins Auge fiel zuerst der riesige Holzpflock, der etwa 15 m vor der momentanen Wasserkante entfernt, in den Sand getrieben worden war. Leicht schräg ragte er zwei Mann hoch hinauf. Zwei Männer waren auch nötig ihn zu umfassen und die rohbehauene Oberfläche schimmerte feucht. Eine dickes Seil aus Kunststoff war mit einem riesigen Karabinerharken am Holz befestigt. Armdick schlängelte es sich den Strand runter und verschwand im Meer. Etwas weiter, zur rechten Kebra’hs, stand eine kleine Steinhütte in den mit hohem Gras bewachsenen Dünen. Sie schien unbewohnt zu sein. Metergroße Wellen brachen sich und liefen angriffslustig auf dem flachen Strand aus. Der Wind kam unruhig aus wechselnden Richtungen. Nicht weit vom Holzpflock, lag eine auf den Bauch niedergestreckte Leiche. Die mutierten Seevögel hatten sich anscheinend schon an dem Aas zu schaffen gemacht. Ein toter Snort lag angefressen in dem verwesenden Körper. Snorts waren nackte Möwengroße Geschwürvögel. Stämmige Beine ermöglichten es , den fluguntüchtigen, mit kleinen eitrigen Hornpusteln übersäten Scheißviechern, sich schnell im Sand zu bewegen. Schwimmen konnten sie perfekt und setzten ihre glibrigen nackten Flügelstutzen als zusätzliche Paddeln ein. Normal traten sie in Rudeln von 15 bis 20 Tieren auf . Gefährlich wurden sie dadurch, dass , wenn man sie überraschte oder angriff, sie aus ihrem Hinterteil blitzschnell und punktgenau eine schwarze Ölhaltige Flüssigkeit abschossen. Ihr Kopf bestand aus einem augenlosen Blumenkohlartigen Geschwür, aus dessen haarkleinen Öffnungen ein kaum hörbares fiepen drang. Echopeilung.
“Wenn sie noch hier wären, würden wir sie riechen, diese verdammten Snorts.”, raunte Beh’ert. Der Halbnosfera und sein Bruder Ernie sahen sich an.
“Wenn sie dich erst mal geteert haben, hast du keine Chance mehr!”, erwiderte dieser wissend.
“Schätze, wir sehen uns da unten mal ein bisschen um!” Mc’n Dosch wollte aufstehen und runter zum Strand gehen, als Kebra’hs Rattenklaue ihn zurückhielt.
“Warte!, zischte Kebra’h und zog ihn zurück hinter die Düne. “Irgendetwas stimmt hier nicht.”
“Mein Schwert und ich werden herausfinden was!” Mc’n Dosch erhob sich erneut und stapfte die Düne hinunter Richtung Leiche. Kebra’h sah rüber zu Tan. Tan zuckte mit den Schultern und verzog den Mund.
“Wir folgen ihm!”
Die Mannschaft erhob sich und folgte Mc’n Dosch. Ray Co’h sah sich lauernd um. Sein Reptilartiger Hahnenkamm zog sich auf und zu. Seine Hand umklammerte die Pistole so fest, dass seine Handknöchel blaugelb hervortraten. Der kühle Stahl der Waffe erinnerte ihn an die heißen Nächte mit Lea, der Frau der er das Eisen zu verdanken hatte. “Dein Schwanz und diese Waffe werden dich zum perfekten Mann machen,” hatte sie gesagt und ihn gierig angestarrt. Ray lächelte. Wochenlang hatte er die Frau des Dorf-Schamanen durchs Bett geschubst, ohne das der Zauberer Verdacht schöpfte. Als er schließlich dahinter kam, musste Ray Co’h die Waffe zum ersten Mal einsetzen. Inzwischen war das gute Stück nicht zu kurz gekommen und der Südländer hatte sein Heimatdorf und auch Lea nicht mehr gesehen.
Mc’n Dosch war bei der Leiche angekommen und kniete nieder. Bald hatten ihn die anderen umringt und starrten auf den Kadaver. Der Schädelknochen war komplett frei gelegt. Die Snorts hatten versucht das Hirn durch die Augenlöcher zu zerren, was ihnen nur teilweise geglückt war. Kebra’h gelang es, das restliche Hirn aus dem Schädel zu fischen. Ein Happs, und weg war es.
“Ratten!” fluchte Jeppe’deia.
“Lass ihn!” Tan winkte ab.
“Scheint schon länger tot zu sein...” Kebra’h schluckte das Zeug runter.
“Na, guten Appetit!” Jeppe’deia wandte sich ab und schüttelte den Kopf. “ich möchte nicht wissen...” er verstummte. Die anderen drehten sich zu ihm um. Was sie sahen ließ ihnen das Blut in den Adern gefrieren.
Etwa 500 Snorts wallten fast lautlos die Dünen herab auf die Zweckgemeinschaft zu. Hornige Pusteln raschelten und aneinandergedrückte Geschwüre platzten. Die mutierten Möwen waren sich ihrer Beute sicher.
“Das ist das Ende!” stellte Lost Wajh nüchtern fest und zog die BG-SCHAKE aus dem Halfter. Ernie und Beh’ert stimmten leise das uralte Kampflied “Kuh’nk vu Figningin” an und gingen in Kampfstellung. Rücken an Rücken warteten sie auf Feindkontakt. Ray feuerte den ersten Schuss ab und zerfetzte den ersten Snort.

Dann brach eine Lawine aus Eitrigem Blut, Altöl und nässenden Geschwüren über die entsetzten Strandbesucher her...

Jassniza stand vor dem Spiegel der ihr Bild nur leicht verzogen wiedergab. Die junge Frau musterte ihren Körper und das moosgrüne Gewand, das sie sich angezogen hatte. An einer kostbar verarbeiteten Schnur hing ein Vogelschädel, der sich zwischen ihre bezaubernden Brüste legte. Toki, ihr Schutzvogel, war schon 10 Winter lang tot. Sie hatte ihn (wie es in Leth’Nar Sitte war) bei ihrer Geburt bekommen. Die Königliche Familie glaubte, dass diese Vögel sich mit der Seele des Besitzers verbanden und Einblick in seine Gedanken und Gefühle bekamen. Das alles wirkte sich dadurch günstig aus, dass, wenn die Vögel starben, sie eine Verbindung in die jenseitigen Welten darstellten. Die Seele des Vogels sollte in diesen Welten von ihrem Besitzer berichten und so die Aufmerksamkeit wohlwollender Mächte auf ihn lenken...
Jassniza schmerzte es, an solche Dinge nicht mehr glauben zu können. Früher hatte sie sich viel mit Toki beschäftigt und war sogar bemüht gewesen, dem Tier gegenüber besonders offen zu sein. Oft war sie mit ihm in den Dschungelartigen Wäldern der Insel umhergezogen und hatte im all das erzählt was in ihr vorging während er zwitschernd um sie herumgeflogen war. Als er starb, war es der 11 Sommer gewesen, den sie gemeinsam erlebten.
Sie blicke durch den Spiegel auf Toki’s Schädel. Lange Zeit hatte sie auf ein Zeichen von ihm gewartet und gehofft, die wohlwollenden Mächte kennenzulernen. Sie war zu einer außergewöhnlich hübschen Frau herangewachsen und neue, andere Erfahrungen nahmen ihre Aufmerksamkeit in Anspruch. Ihre Mutter war früh und unerwartet gestorben und Jassniza hatte ihren Platz als Königin der Insel Leth’Nar einnehmen müssen. Ihr Vater war der zweitwichtigste Mann auf Leth’Nar, und hatte praktisch Überhauptnichts zu melden. Er hatte nur als Gatte der Königin gedient, was bedeutete, dass er jetzt zurückgezogen in seiner Bastei lebte. Leth’Nar gehörte zu einer Gruppe von drei Inseln. Sie lagen etwa vier bis fünf frekkeuschersprünge vom Festland entfernt, so das man sie nur bei gutem Wetter verschwommen sehen konnte.
Jassniza straffte sich. Es war Zeit, sich nach unten zu begeben, um den Boten zu verabschieden. Sie stieg die Stufen des Aussichtsturms hinab, öffnete die schwere Holztür und ging zur Anlegestelle der Fähre. Der Wind zerzauste ihr langes schwarzes Haar. In aller Verschwiegenheit hatten sich eine Handvoll Frauen in langen Gewändern an dem schweren Eisenpflock eingefunden. Jassniza versuchte so unnahbar wie möglich zu wirken. Jede dieser aristokratischen Schlampen war eine Schlange. Vor lauter Machtgier konnten diese Luder kaum atmen. Ihre Schwestern wirkten verkrampft wie immer. Sie umringten eine Muskulöse Gestalt, die auch in ein langes Gewand gehüllt war. Nostrula blickte auf und sah Jassniza auf sich zukommen.
“Meine verehrteste...” Er lächelte leicht spöttisch, und in seinen Augen funkelte es lüstern.
Jassniza ignorierte ihn und war froh ,dass man ihre, sich erhärteten Brustwarzen, nicht durch den übergeworfen Mantel sehen konnte. Nostrula hätte das wahrscheinlich auf sich gemünzt.
“Ist alles bereit?, fragte sie schlicht.
“Nostrula ist in unsere Sache eingeweiht und mit den entsprechenden Dokumenten ausgestattet worden. Außerdem ist ihm ein Keuschheitspiersring angelegt worden...” Nata`scha, eine ihrer vier Schwestern, blickte den kräftigen Mann streng an. Das ausgerechnet der Lusthengst der königlichen Schwestern für diese fast aussichtslose Mission ausgewählt worden war , passte dem notgeilen Adelsflittchen nicht. Auch Nos, wie sie ihn liebevoll nannten, gab ein grollendes Geräusch von sich.
Als Königin war es Jassniza natürlich streng untersagt, mit Männern geschlechtlichen Umgang zu haben, es sei denn, sie würde heiraten. Da Nos es nicht lassen konnte mit gerecktem Hals durch die Hallen des Castels zu spazieren und damit zu prahlen, wie gefragt er offenbar bei den königlichen Schwestern war, fiel die Wahl schnell auf ihn.
Jassniza lächelte zufrieden. Dieses Karnickel würde sie die nächste Zeit nicht mehr nachts belästigen, indem er frech an ihre Tür klopfte und flüsterte: “An mir soll’s nicht liegen...”
“Dann mach alles für die Fähre bereit!” ,befahl sie Nostrula. Dieser deutete eine Verbeugung an und sengte unterwürfig seinen Blick. Sofort begann er damit diverse Holzhebel, die am Fährhüttchen angebracht waren, zu ziehen. Er musste schon ordentlich zugreifen um die Hebel zu bewegen.
Ein unterirdisches grollen war zu hören. Schweres mechanisches knacken und schleifen war zu vernehmen. Das dicke Kunststoffseil, welches an dem Eisenpflock befestigt war, begann sich zu straffen. Erst löste sich das Seil vom Strand und langsam wanderte der Punkt an dem Wasser und Seil zusammentrafen immer weiter auf das Meer hinaus um dann der Sicht zu entschwinden. Nach einiger Zeit spannte sich das Tau soweit, dass die Gondel angehoben wurde und Richtung Wasser glitt. Ihr Gewicht sorgte dafür, dass sie vor der Wasserkante auf dem Sand aufsetzte.
Schnell war Nos in die Gondel gesprungen und installierte das handliche Ziehrohr. Wenig später war er im Dunkel verschwunden.
Jassniza sah ihm lange nach. “Bald..” , dachte sie “bald ist meine Zeit als Königin zu ende...”
Und sie hatte recht!

Demnächst: Strandschlacht des Grauens

Sex mit zwei Schwestern

Angriff auf die Klippen-Bastei

 

 

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