Interview mit Timothy Stahl

Stahl

Kain: Entschuldige die Standardfrage, aber wann und wo wurdest Du überhaupt geboren, wie verlief dein Werdegang bis Du dann Schriftsteller wurdest?

Timothy: Geboren wurde ich am 26. Oktober 1964 in Aurora, Illinois/USA, in der Nähe von Chicago. Aufgewachsen bin ich allerdings in Deutschland, dort denn auch zur Schule gegangen und berufstätig geworden, letzteres nach einigen Umwegen als Redakteur einer Tageszeitung, dann Chefredakteur eines

Wochenmagazins. Geschrieben habe ich von Jugend an gern. Erst nur so für mich und die Schublade, dann ein paar Kurzgeschichten für Fanzines, und schließlich den ersten Heftroman, der so um 1990 herum in der Reihe GASLICHT erschien. Dem folgten einige weitere für die Bastei-Reihe MITTERNACHTS-ROMAN, dann schrieb ich an der Serie TRUCKER-KING bis zu deren Einstellung mit Band 250 mit, und von dort ging's ziemlich nahtlos weiter mit VAMPIRA, der Serie, der ich eisern (oder stählern) die Treue halte, auch unter neuem Titel und im neuen Gewand; die Serie erscheint ja mittlerweile bekanntermaßen im Hardcover beim Zaubermond-Verlag unter dem Serientitel "Das Volk der Nacht". Bis Ende 1998 lebte ich das Autorendasein nur nächtens aus, also nebenher zu meinem Hauptberuf. Seit meinem Umzug in die USA im Januar 1999 bin ich "nur noch" als Schriftsteller und Übersetzer tätig.

Kain: Wie kamst Du zur Schriftstellerei und wie entwickelte sich dies bis heute ?

Timothy: Diese Frage habe ich ja weitenteils schon oben beantwortet. – Entwickelt hat sich das Ganze eigentlich überraschend fließend und schnell, nachdem ich erst mal "den Fuß in der Tür hatte", wie man so schön sagt. Erst bot ich Romane an (für den MITTERNACHTS-ROMAN), dann wurden Aufträge seitens des Verlags daraus (beim TRUCKER-KING und VAMPIRA).Wenn man also etliche Romane veröffentlicht hat, dann wird einem von Verlagsseite aus auch mal die Mitarbeit an neuen Projekten angeboten; so geschehen z. B. im Fall MADDRAX. Oder man wird gefragt, ob man Zeit & Lust hätte beispielsweise den einen oder anderen Beitrag zu laufenden Reihen beizusteuern; so schreibe ich etwa hin und wieder mal einen Western für die Reihe JACK SLADE.
 

Kain: Timothy Stahl ist heutzutage ein durchaus bekannter Name, doch die Bandbreite deines Betätigungsfeldes und was Du bisher publiziert hast wissen manche nicht, kannst Du da vielleicht einen kleinen Überblick geben ?
 

Timothy: Auch das habe ich oben ja bereits angerissen. Eine Aufzählung aller meiner Romane würde den Rahmen dieses Interviews sicher sprengen. Auch wenn's natürlich nicht sooo viele sind wie bei anderen, "ältergedienten" Kollegen. Aber so an die hundert Stück sind's mittlerweile schon.

Kain: Las Vegas - Bergisch Gladbach ! Zwei Welten treffen aufeinander, nun Timothy, wie kam es dazu, und wie gelingt es Dir die unterschiedlichen Arbeiten alle unter einen Hut zu bringen ?

Timothy: Seit 1. Januar 1999 bin ich wieder in den USA daheim, weiter westlich allerdings, in Las Vegas. Dazu kam's meiner Freundin (in Bälde Ehefrau und Mutter unseres Sohnemanns) wegen, die hier zu Hause ist und Verwandte in dem bayerischen Örtchen hat, in dem ich wohnte. So lernten wir uns kennen (na gut, die ganze Geschichte ist etwas länger und komplizierter, aber das soll jetzt und hier mal nix zur Sache tun). Um auf die Dauer teurem Hin- und Herfliegen vorzubeugen, mußte also einer von uns umziehen. Damit hat's dann mich "getroffen"; zum einen weil ich schon immer den Drang zurück in die alte Heimat hatte, zum anderen bot es sich an, meinen Nebenberuf, die Schriftstellerei, zum Hauptberuf zu machen, weil diese Arbeit ja nun nicht ortsgebunden ist. – Ein Schritt, den ich noch kein Sekündchen lang bereut habe. Ich habe reichlich zu tun, bisweilen auch überreichlich, und Spaß dabei – was will ich mehr? :o)Unter einen Hut bringt man die verschiedenen Sachen, an denen man als Autor so arbeitet, wie in jedem anderen Beruf auch: Man handelt eine nach der anderen ab, im Idealfall zumindest. Es kommt aber auch vor, dass ich an verschiedenen Dingen gleichzeitig werkeln muß, wenn Abgabetermine dicht aufeinander folgen; dann wird's natürlich auch mal stressig, zumal's mir nicht sooo leicht fällt, in Gedanken quasi von einem Programm zum anderen umzuschalten. - Aber irgendwie hat's bislang noch immer geklappt. Ich hoffe mal, das bleibt so. ;o)

Kain: Es gibt viele Schriftsteller, die sich auf ein Fachgebiet oder Genre festlegen, wie sieht das bei Dir aus, wo siehst Du Deine Stärken, wo Deine Schwächen ?

Timothy: In gewisser Weise habe ich mich ja auch festgelegt: auf die Phantastik. Und darin sehe ich auch meine Stärke; oder sagen wir: Der Phantastik gilt meine Vorliebe auch was private Lektüre, Filme etc. angeht. Da liegt's natürlich nahe, auch in diesem Metier zu schreiben. Um einen alten Autorenspruch zu bemühen: "Ich schreibe, was ich selbst gerne lesen würde – in der Hoffnung, dass es da draußen ein paar Leute mit meinem Geschmack gibt. "Meine Schwächen sehe ich nicht unbedingt in einem bestimmten Genre; ah, halt, das heißt, "rein technische" Science Fiction ließe sich hier vielleicht nennen. Das liegt einerseits daran, dass ich auf technischem (und handwerklichem) Gebiet eine ziemliche Null bin (worüber ich mich aber nicht gräme, für Reparaturen in und um Haus und Hof etc. gibt's schließlich Berufshandwerker), und andererseits habe ich mich nie für diese Spielart der SF interessiert. Eine andere "Schwäche" meinerseits ist evtl. noch "straffes Erzählen"; ich schweife beim Schreiben gern ab und werde bisweilen ausschweifend. Weil ich z. B. Romanfiguren gerne mit einem "ordentlichen" Background versehe, damit sie für mich wie auch für den Leser lebendig und vorstellbar, real eben bis zu einem bestimmten Grad werden. Nun hat man sich als Autor von Heftromanen aber auf eine vorgegebene Seitenzahl zu beschränken, und das führt dann mitunter schon zu Problemchen, wenn auch nicht zu unlösbaren; der Lektor soll ja angelegentlich auch mal was zum Streichen haben. ;o)

Kain: Was reizt Dich daran, an einer Serie wie Maddrax mitzuschreiben ?

Timothy: Das Interessante an MADDRAX ist sicher der Schauplatz, sprich: eine Welt voller Überraschungen, die man als Autor entdecken kann. Und reizvoll ist's natürlich auch, so richtig schön trashig und "spinnert" sein zu dürfen, ohne dabei wie z. B. ein Filmemacher an ein begrenztes Budget gebunden zu sein. Das heißt: Wir können in MADDRAX mit den wildesten SFX um uns schmeißen, weil's ja kein Geld kostet! :o)

Kain: Du und die anderen Autoren, Ihr erschafft für den Leser eine phantastische dunkle zerstörte Welt, würdest Du Dir diese Welt aber auch so vorstellen, wenn Du wüsstest, dass Du dort strandest und um Dein Leben Tag für Tag kämpfen müsstest ?

Timothy: Ja klar, warum nicht? :o)Und ernsthaft: Die "wirkliche" Welt sähe nach einem Kometeneinschlag sicher anders aus als die in MADDRAX beschriebene. Aber dass die MX-Welt gerade so und nicht anders aussieht, hat natürlich einen bestimmten Grund. Den kann ich hier allerdings nicht verraten, ohne etwas vom weiteren Geschehen in der Serie und den Hintergründen vorwegzunehmen. Also, brav weiterlesen, und dann werdet Ihr schon sehen! ;o)
 

Kain: Woher nimmst Du die Ideen für Deine Romane ? Setzt Du Dich ins stille Kämmerlein um darüber zu brüten, oder versuchst Du eher außerhalb der eigenen vier Wände etwas aufzuschnappen, das dann zu einem Konzept heranreift ?

Timothy: Nein, ich lege jede Nacht einen Wunschzettel für die Ideenfee vor die Hintertür, und am nächsten Morgen liegt dann ein anderes Zettelchen da, auf dem eine neue Idee steht. :o)Gut, auch hierzu eine ernsthafte(re) Version: Anregungen für eigene Ideen und Geschichten kommen wirklich von überall her, und sie überkommen mich oft völlig unverhofft und an merkwürdigen Orten (ja, manchmal auch auf dem Lokus).Ich habe die Erfahrung gemacht, dass "aus den Fingern saugen" (bei mir zumindest) nur selten klappt. Soll heißen: Wenn ich mich hinsetze und darauf warte, dass mir was einfällt, passiert meistens gar nichts, oder zumindest kommt nichts Verwertbares dabei heraus. Am meisten fällt mir tatsächlich ein, wenn ich nicht angestrengt nachdenke, sondern eine Sache nur im Hinterkopf behalte, bis von irgendwoher sozusagen eine Initialzündung kommt. Im günstigen Fall gerät dann eine Art Kettenreaktion in Gang, bei der am Ende eine brauchbare Idee oder auch eine ganze Geschichte entsteht.Im Fall von MADDRAX und DAS VOLK DER NACHT allerdings ergeben sich manche Ideen auch aus dem bisherigen Serienverlauf, den Handlungsorten und durch die Stammcharaktere.

Kain: Wie lange schreibst Du durchschnittlich an einem Roman ? Wenn ich da an Deinen Insekten-Artikel für die Maddraxpage denke, kosten doch alleine manche Recherchen einiges an Zeit !

Timothy: Recherche gehört natürlich in jedem Fall dazu, wenn auch in unterschiedlichem Umfang. Dabei sollte man aber gerade als Leser auch bedenken, dass man mit einem Heftroman keine wissenschaftliche Abhandlung in Händen hält. Ein Heftautor kann und muss nicht so umfangreich recherchieren wie beispielsweise ein Stephen King oder Dean Koontz oder gar Fachbuchautoren. – Um's mal an meiner persönlichen Einstellung und Erfahrung festzumachen: Mehr als zwei Tage vertrödele ich sicher nicht mit Nachforschungen etc. Das wird dem "Nur-Leser" vielleicht verständlicher, wenn ich dazu sage, dass ich an einem Heftroman nicht länger als zwei Wochen schreibe – bzw. nicht mehr Zeit darauf verwenden kann und will, weil sich der Aufwand dann finanziell nicht lohnt. Ich weiß auch von Kollegen, dass ein bis zwei Wochen als reine Schreibzeit für einen Heftroman der Durchschnitt sind. Ich habe zwar auch schon das Kunststück fertig gebracht, einen Roman in 24 Stunden nonstop zu schreiben, aber das ist zum einen lange her (und man wird ja nicht jünger ;o), und zum anderen ist man nach so einem Marathon natürlich ausgepowert und kann und will erst mal keine Tastatur mehr sehen.

Kain: Wie kamst Du eigentlich zu Deinem Job als Comicübersetzer, es verblüfft schon ein wenig, wenn man bedenkt, dass du Bücher und Romane schreibst ?

Timothy: Der Unterschied zwischen Übersetzen und "Schriftstellern" ist nicht sooo groß. Es geht ja weniger darum, Wort für Wort zu übersetzen, sondern vielmehr einen anderssprachigen Roman ins Deutsche zu übertragen. Was ein Unterschied ist, und da ist es hilfreich, wenn der Übersetzer ein Sprachgefühl sein eigen nennt, das über bloßes Schulniveau hinausgeht. Leider gibt es viele Beispiele, denen man nur zu deutlich anmerkt, dass hier jemand NUR übersetzt hat. Aber das war ja gar nicht Deine Frage... :o)Zum Comicübersetzen kam ich durch Nachfrage beim Verlag, ob Bedarf an Übersetzern bestünde. Das war der Fall, ich machte eine Probeübersetzung, die offenbar gefiel, denn daraus ergaben sich mehr und mehr regelmäßige Festaufträge. Zur Zeit übersetze ich für den Dino Verlag die neue Superman-Serie (ab Juni monatlich im Handel) sowie die zugehörigen Specials und Sonderbände; die Reihe "Cliffhanger", in der im monatlichen Wechsel die Serien "Danger Girl", "Crimson" und "Battle Chasers" erscheinen (startet im Juli); "Impuls", der als Zweitserie im Heft "Young Justice" läuft; und daneben noch ein paar Sachen außer der Reihe, z. B. den US-Dreiteiler "Titan A.E.", der die Vorgeschichte zum gleichnamigen Film erzählt und als Paperback Ende Juli bei Dino erscheint.

Kain: Gibt es eigentlich ein(en) Buch/Roman, von dem Du sagen würdest, das ist/war bisher mein Bester ? Wenn ja, worin unterscheidet er sich für Dich, von Deinen anderen Werken ?

Timothy: Einen einzelnen Roman kann ich da jetzt nicht ad hoc nennen. In guter Erinnerung ist mir aber z. B. das VAMPIRA-Taschenheft Nr. 18, "Der Hort der Wächter". VA-Band 20, "Die Loge der Nacht", war auch sehr schön, eine Co-Produktion mit meinem Freund und Kollegen Manfred Weinland. Die "VA-Jubiläums-Taschenhefte" 25 und 50, in denen wir Zyklen zum Abschluss brachten, halte ich auch (und immer noch) für sehr gelungen. Der Unterschied zu anderen Romanen besteht wohl darin, daß ich als Autor das Gefühl habe, eine richtig runde Geschichte geschrieben zu haben, die sich mit der vorherigen Vorstellung des Romans deckt oder sie sogar noch übertrifft. Man versucht natürlich immer und in jedem Fall sein Bestes zu geben, aber das gelingt einem eben mal mehr, mal weniger gut. Trotzdem, DEN besten bzw. DEN persönlichen Favoriten unter meinen bisherigen Romanen könnte ich nicht nennen – weil's DEN nicht gibt.

Kain: Wenn man in einem Autorenteam arbeitet, kommen doch sicherlich häufig Fragen betreffend diverser Abstimmungen auf ! Eine Autorenkonferenz im herkömmlichen Sinne dürfte da bei Dir ja ausfallen ! Wie regelst Du so etwas ?Alles via Computer und Internet, oder kommt da schon ab und an der teure Griff zum Telefon ?

Timothy: Vieles wird per E-Mail geregelt. Michael Schönenbröcher hält uns Autoren auf dem Laufenden, koordiniert auch alles prima und steht immer für Fragen und Anregungen zur Verfügung. Mein Kontakt zu den anderen MADDRAX-Autoren ist allerdings eher mager. Ganz anders im Fall von DAS VOLK DER NACHT. Wie schon gesagt, arbeiten Manfred Weinland und ich nicht nur zusammen, sondern sind auch darüber hinaus befreundet. Da bleibt's natürlich nicht bei E-Mails, da wird auch schon mal übern Großen Teich telefoniert – und das nicht nur für ein paar Minuten...

Kain :Wenn Du einen Maddrax-Band schreibst, mußt Du Dich ja an ein Rahmenexposee´halten ! Läßt Dir als Autor dies eigentlich noch genügend Handlungsspielraum, oder würdest Du Dir doch weiter ausgelegte Grenzen wünschen ?

Timothy: Nein, ich bin mit dem Rahmen in dieser Form zufrieden und kann damit gut arbeiten, zumal er ja weit gesteckt ist. Im Grunde gibt er doch nur die Hauptfiguren vor sowie die Marschroute unseres Heldenpaares. Die einzelnen Geschichten auszutüfteln, ist unsere Sache, und auch das Szenario des jeweiligen Handlungsortes entspringt der Phantasie des jeweiligen Autors. Zu dieser Frage paßt vielleicht die Kritik, die verschiedentlich laut wurde, dass Matt Drax und Aruula in den bisherigen Romanen als Charaktere zu flach gezeichnet seien. Dazu möchte ich an dieser Stelle ein paar Anmerkungen machen. Zum einen muss man natürlich festhalten, dass ein Heftroman sicher nicht das literarische Plätzchen ist, das Raum für ausufernde Charakterstudien bietet. Das ginge nur auf Kosten der Story, und die muss in dieser Form des Unterhaltungsromanes klar im Vordergrund stehen. Zum anderen ist es sicher so (na gut, mir geht's jedenfalls so), dass man mit Figuren, die man nicht selbst "kopfgeboren" hat, anders umgeht als mit eben solchen Eigenkreationen. Eine Figur, die ich durch und durch selbst entwickle, ist für mich als Autor natürlich viel lebendiger als ein anderweitig vorgegebener Charakter. – Ich hier mal als Beispiel Darren Secada aus VAMPIRA/DAS VOLK DER NACHT an. "Erfunden" wurde die Figur zwar im Rahmen einer Autorenkonferenz im Verlag, in die Serie allerdings habe ich den guten Darren seinerzeit "reingeschrieben". Dabei ist zwar ein großer Teil seines Backgrounds in den Roman eingeflossen, einiges jedoch existiert nur in meinem Hinterkopf; d.h. der Charakter ist für mich komplex, mehr als nur Name und Personenbeschreibung auf Papier. Klar, daß ich eine Figur wie Darren Secada ganz anders "handle" als einen Charakter, der mir sozusagen "einfach so vor die Nase gesetzt" wird. Weil ich im Fall meiner eigenen Schöpfung eben instinktiv oder aufgrund meines ganz eigenen Wissens darüber viel ungezwungener damit umgehe, natürlicher eben; soll heißen: Eine Figur wie Darren Secada "lebt" für mich, und ich "weiß", wie er in dieser oder jener Situation reagiert, was er sagt etc. Dann kommt noch dazu, dass man bei Figuren, mit denen auch andere Autoren arbeiten, vielleicht sowas wie eine unbewusste Hemmschwelle hat. D.h. man verzichtet auf kleine Macken usw., weil man fürchtet ein Kollege (oder die Kollegin) könnte etwas Widersprüchliches schreiben, und die automatische Folge davon ist, dass man (gewollt oder ungewollt) auf Ecken und Kanten der Charaktere verzichtet. Aber gut, ich kann zwar wiederum nur für mich sprechen, aber ich will mich fortan bemühen, Matt & Aruula ein bisschen "tiefer zu zeichnen". – Was mir gerade noch einfällt in diesem Zusammenhang: Claudia Kern erwähnte an anderer Stelle, dass sie sich eine Verfilmung von MADDRAX mit Russell Crowe vorstellen könnte. Gute Idee! So stell ich mir Matt ab sofort auch vor!

Kain: Wie war das eigenlich bei Dir Timothy, warst Du selbst schon seit frühster Jugend ein Bücher bzw. Heftromannarr ?

Timothy: Ja. Dreimal unterstrichen. ;o) Bücher waren schon immer wichtiger Teil meines Lebens; Lesen und Schreiben generell eigentlich. – Auf Heftromane stieß ich irgendwann Mitte der 70er Jahre erstmals, wohl als ich elf oder zwölf Jährchen jung war. Das dürfte sich mit dem "Erstkontakt-Alter" vieler anderer decken. Ich hatte seltsamerweise von Anfang an ein Faible für die Bastei-Reihen und -Serien. Keine Ahnung, weshalb. – Los ging's mit JOHN SINCLAIR, als der noch im GESPENSTER-KRIMI beheimatet war. Wenn ich mich recht erinnere, war mein erster JS-Roman der, in dem der Geisterjäger den deutschen Kommissar Will Mallmann kennenlernte. Von Stund' an las ich so ziemlich alles, was Bastei in Heftform im Grusel-Genre veröffentlichte. Mein absoluter Favorit wurde bald TONY BALLARD. Die Hefte der Serie FRASS ich regelrecht! Jo, und dieser harmlosen Sucht blieb ich verfallen, bis seinerzeit VAMPIRA anfing. Und der Rest ist, wie man so sagt, Geschichte. ;o)

Kain: Hast Du selbst so etwas wie eine Top Ten unter Büchern, Werke die Du jederzeit weiterempfehlen würdest ?
 

Timothy: Hm. Ich könnte jetzt ad hoc kein Lieblingsbuch benennen; keines also, das ich wieder und wieder lese. Aber dafür gibt's eine lange Liste von Büchern, die mir gut gefallen, die ich mit großem Vergnügen gelesen habe. Allerdings gibt's im Gegenzug auch eine "schwarze Liste" von Büchern, die ich einfach grauenhaft fand. – Bei übersetzten US-Romanen lag das mitunter aber auch an den fürchterlichen Übersetzungen. Als jüngstes Beispiel fallen mir da die hochgelobten "Harry Potter"-Romane ein. Den ersten Band habe ich mir aus Neugierde in deutscher Fassung besorgt, und die lausige Übersetzung muss jedem Menschen mit einem Hauch von Sprachgefühl den Magen umdrehen! Ich machte mir sogar die Mühe, einzelne Passagen mit dem englischen Original zu vergleichen, und musste mich ein ums andere Mal fragen, wie um alles in der Welt man da im Deutschen einen derart hölzernen Stil zusammenzimmern konnte?! Na ja, sei's drum, das gehört ja nun nicht hierher... Wie gesagt, ich kann keine Lieblingsbücher benennen, aber dafür ein paar Autoren aufführen, deren Bücher ich gerne lese und anderen empfehlen würde. Ich mag z. B. immer noch Stephen King, obschon es scheint's Mode geworden ist, ihn nicht mehr zu mögen, sei es nun, weil seine Bücher "zu lang sind" (da frage ich mich, was DAS für ein Kritikansatz ist...?!) oder weil er "nicht mehr so schreibt wie früher" (Gott sei's gedankt, dass auch ich nicht mehr so schreibe wie früher; Weiterentwicklung gehört nun mal zum Leben) oder weiß der Deibel aus welchen Gründen sonst noch. Ganz ähnliches wirft man ja gerne Wolfgang Hohlbein vor; in gewissen "elitären Zirkeln" ist's ja auch gang und gäbe, Hohlbein nicht mehr gut zu finden. Auch dieser Meinung kann ich mich nicht anschließen (vielleicht bin ich ja zu blöd), ich lese immer noch gern Hohlbein und freue mich auf sein "Avalon-Projekt". Kai Meyer mag ich, weil er sich zwar auf alte "Traditions-Phantastik" beruft, aber irgendwie doch sein ganz eigenes Ding macht, und seiner "Fabulierkunst" wegen; in seinen Romanen stößt man immer wieder auf Formulierungen, die einfach nur schön sind. Gelegentlich lese ich ganz gerne Dean Koontz. Ich erinnere mich noch gut an "Intensity"; ich glaube, schneller hatte ich noch nie zuvor ein Buch gelesen! Mein erster "Pageturner"!
Und last but not least: Manfred Weinland. Ich mag, wie er schreibt, und lese gern, was er schreibt. Wenn wir zusammen am VOLK DER NACHT arbeiten, sind mir seine Passagen nicht nur Vorgabe und Fortsetzung für meine Teile des Romans, sondern immer auch beste Unterhaltung.

Kain: Hast Du schiftstellerische Vorbilder, von deren Schreibstil oder Erzählweise Du versucht hast etwas in Deinen eigenen mit zu übernehmen ?

Timothy: Da könnte ich wiederum alle oben genannten Autoren aufführen. Ich mag z. B. wie King seinen Figuren Leben einhaucht, wie er seine Geschichten vollkommen glaubhaft macht. Ich mag die Art, wie Wolfgang Hohlbein und Kai Meyer schreiben, ganz einfach ihren Stil, ihre Metaphern. Und viel gelernt habe ich sicher von Manfred Weinland; nicht umsonst heißt es ja oft, dass man in unseren Co-Produktionen nicht merkt, wo der eine mit dem Schreiben aufgehört und der andere angefangen hat. Bei "älteren Werken" können wir das heute selbst nicht mehr mit Bestimmtheit sagen.

Trotzdem würde ich all diese Leute nicht unbedingt als Vorbilder bezeichnen. Es ist ja nicht so, dass ich mich hinsetze und sage: "So, jetzt schreib ich wie Wolfgang Hohlbein!" Es ist eher Inspiration, die ich aus ihren Büchern beziehe.

Kain: Gibt es eine Romanheftserie, an der Du gerne noch mitschreiben würdest ?

Timothy: Im Moment ... *überlegüberleg* ... nein. Was wohl auch daran liegt, daß es z. Zt. ja kaum Serien gibt. An MADDRAX schreibe ich mit, für PERRY RHODAN habe ich mich nie sonderlich interessiert, PROFESSOR ZAMORRA und JOHN SINCLAIR sind in festen Händen. Und sonst...? Gibt's da noch was?

Kain: An welchen Auftragsarbeiten schreibst Du eigentlich gerade und welche zukünftige Projekte stehen bei Dir an ? Kannst Du mir darüber etwas erzählen?

Timothy: Als nächste Arbeiten stehen MADDRAX #16, "30 Meilen unter dem Meer", und DAS VOLK DER NACHT #6, "Hüter der Asche", in meinem Terminplan. Dazwischen, danach und immer wieder natürlich diverse Comicübersetzungen. Im Anschluss an die beiden genannten Romane möchte ich konkret zwei Projekte angehen, die schon seit einer ganzen Weile anstehen, für die ich aber bislang keine Zeit fand. Beides hat nichts mit Heftromanen zu tun; mehr kann und will ich im Moment nicht darüber verraten, weil man über ungelegte Eier ja bekanntlich nicht gackern soll. So bald in dieser Hinsicht etwas spruchreif ist, werd' ich's die Welt wissen lassen. ;o)

Kain: Wie sieht eigentlich ein gewöhnlicher Arbeitstag bei Dir aus ? Hast Du da eine bestimmte Einteilung, oder gehst Du den Tag nach Lust und Laune an ?

Timothy: Ich bin ein Morgenmuffel, und dementsprechend sitze ich nicht früh um sieben schon am Schreibtisch. Es wird mindestens neun, manchmal auch zehn, bevor ich in die Gänge komme. In der Regel geht's dann (mit kurzem Mittagspäuschen) durch bis abends zwischen fünf und sechs. Und meistens kommen abends noch zwei bis vier Stunden (je nach aktuellem Pensum) dazu, die ich dann zwischen zehn Uhr und zwei Uhr morgens absolviere. – Es vergeht außerdem kaum ein Wochenende, an dem ich gar nichts tu; der vergangene Samstag und Sonntag z. B. waren für mich infolge enger Termine "ganz normale" Arbeitstage. Das heißt nun aber nicht, dass ich meine Tage nur mit stundenlangem Schreiben zubringe. Zwischendurch muss man ja auch mal über dieses oder jenes  nachdenken, recherchieren usw.  Nichtsdestotrotz, "locker angehen" kann man's also nicht, wenn man als freier Schriftsteller und Übersetzer seine Brötchen einfährt. Andererseits nehme ich, wenn's irgend möglich ist, auch schon mal eine Auszeit, und sei's nur für ein, zwei Tage, an denen ich dann gar nichts schreibe. Aber in Gedanken bin ich dann natürlich trotzdem schon wieder mit dem nächsten Projekt beschäftigt, klar, das läßt sich nicht abschalten.

Kain: Wir als Leser von Maddrax, kennen eigentlich nur einen Namen, ein Bild oder Deinen Schreibstil, aber was ist Timothy Stahl für ein Mensch ? Wie würdest Du Dich selbst charakterisieren ?

Timothy: Absolut liebenswert, knuddelig & knuffig. :o) Und sonst? Bisweilen bin ich vielleicht etwas ungeduldig. Manchmal rege ich mich zu schnell über zu wenig auf. Aber insgesamt: glücklich & zufrieden. Mit allem.

Das Interwiew führte “Kain” per e-mail.

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